Mal wieder ein denkwürdiger, aber auch irgendwie spaßiger Artikel

https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/opel-fiat-peugeot-haendler-wueten-gegen-stellantis-und-ceo-carlos-tavares-a-0a301308-6a29-4f06-a672-ef67fa415cfc?sara_ref=re-xx-cp-sh

Genau vor einer Woche veröffentlichte das Manager Magazin den oben genannten Artikel. Kurz und knapp beschreiben die Autoren, wie Tavares auf Kosten seiner Händler (und vermutlich nicht nur denen) die Marge „optimiert“.

Ich habe ein paar Momente darüber nachdenken müssen, was mich an dem Artikel fasziniert, irritiert, beziehungsweise wahlweise mal lachen und mal weinen lässt. Im Kern sind das wohl ein paar Punkte, die ich einfach mal hier teilen möchte.

  • Es veranschaulicht, was passiert, wenn man „Ziel“ und „Ergebnis“ verwechselt.
  • Es veranschaulicht, dass die falsche Incentivierung zu gesellschaftlich fragwürdigen Managemententscheidungen führt.
  • Wie verführerisch es ist, heute die Marge nach oben zu schrauben, weil die Folgen und Folgekosten erst sehr viel später ersichtlich werden.

Ziel vs. Ergebnis

Marge ist eine Ergebniskennzahl. D.h. sie „ergibt sich“ aus allen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen der verwaltenden Angestellten eines Unternehmens (Manager). Sie ist nicht das ZIEL, das es zu erreichen gilt. Das Ziel eines Unternehmens sind nie Zahlen. Das Ziel eines Unternehmens ergibt sich aus dem Geschäftszweck, d.h. dem Wertversprechen, mit welchem es Probleme seiner Kunden lösen will. Macht ein Unternehmen das gut, dann gibt es im ERGEBNIS eine ANGEMESSENE Marge.

Verwechselt man nun ZIEL und ERGEBNIS, dann setzt oft ein Verkürzungseffekt ein. Wie komme ich schnellstmöglich zu meinem ZIEL (eigentlich wie gesagt, ERGEBNIS)? Ich schaue sehr nah an die direkten Einflussfaktoren auf die Zahl. Und weil die vier Grundrechenarten und Excel eine so verführerische Magie ausstrahlen, ist es ein Leichtes, Kosten zu optimieren, Investitionen in die Zukunft zu schieben und alles Mögliche zu tun. Das, was man nicht tut, ist auf das Zuschauen, was nötig ist, um sein WERTVERSPRECHEN einzuhalten, und das ist die WERTSCHÖPFUNG.

Im Endeffekt zieht man Geldströme aus der Zukunft ungerechtfertigterweise auf heute vor und verschiebt die Probleme und Kosten in die Zukunft.

Incentivierung

Findet nun die Incentivierung zentraler Akteure nur auf Basis weniger und mehr oder weniger sinnvollen Kennzahlen statt, beschleunigt dies den oben beschriebenen Effekt (Ziele sollen ja immer SMART sein, heißt es… vielleicht aber auch nur ein Irrtum, den man mal genauer beleuchten sollte), weil plötzlich wird das Ergebnis zum Ziel umdefiniert und Ta-Da…. s.o.

Folgen und Folgekosten

Die Definition von Zukunft ist eben, dass sie nicht HEUTE ist. Das heißt, Probleme der Zukunft sind heute weniger wert als die Probleme von heute. Amüsant, dass genau diese Verhaltensweise in der Prokrastinationsforschung untersucht wird. Es wird als „kurzfristig-langfristiges Problem“ beschrieben.

Der Mechanismus hinter der Prokrastination sieht etwa wie folgt aus:

Sich über die Frage: „Wie schaffe ich denn so viel Wert, dass ich ein großartiges Ergebnis erreiche?“ Gedanken zu machen, ist anstrengend, vielschichtig und unsicher. Also vermeidet man diese Tätigkeit durch weniger unangenehme Alternativtätigkeiten (Vier Grundrechenarten und Excel, z.B.). Dadurch lassen negative Gefühle und Spannungen nach und durch die Beschäftigung mit etwas Angenehmerem fühle ich mich kurzfristig besser…..Langfristig wird es jedoch erheblich schlimmer.

Man hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Irgendwann kommt der Tag, an dem die Fehlentscheidungen transparent werden, nur ist dann meistens jemand anders da, der den Laden aufräumen muss. Und dann geht es meistens auf Kosten der Schwächsten in der Nahrungskette.

Schluss

An dieser Stelle kommt mir wieder das Zitat von Alfred Herrhausen in den Kopf: „Die meiste Zeit geht dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt.“ Heute ist es umso wichtiger denn je, sich die Zeit zu nehmen und Dinge zu durchdenken, auch wenn der Druck zu HANDELN vordergründig den Eindruck erweckt, man würde dadurch auch Ergebnisse erreichen. Aber wenn ich das Falsche tue, sei es auch mit Elan, habe ich denn dann etwas geleistet?


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